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Botanischer Garten Gießen – grüne Geschichte wissenschaftlich erfasst

Der Botanische Garten Gießen ist der älteste, sich noch an seinem ursprünglichen Platz befindende botanische Garten nördlich der Alpen. Seine Anfänge reichen bis ins frühe 17. Jahrhundert zurück. Er umfasst heute eine Fläche von circa drei Hektar. Zu sehen sind etwa 8.000 Pflanzenarten aus der ganzen Welt, darunter eine imposante Chinesische Flügelnuss und die weltweit größte Blume, der Titanwurz.

Bekannt ist der Botanische Garten, der von der Justus-Liebig-Universität Gießen unterhalten wird, hauptsächlich für seinen alten Baumbestand. Als ältester Baum der Anlage gilt ein 1816 gepflanzter Ginkgo. Die Gestaltung folgt dem Leitmotiv des „Gartens der Evolution“. Verschiedene Themen-Pfade laden zum Studium ein. Streng gegliederte systematische Abteilungen werden durch Gewächshäuser, Denk-Pfade und einen Duft- und Tastgarten ergänzt.

Über 400 Jahre Gartengeschichte

Von Anfang an bestand eine Verbindung zwischen dem Botanischen Garten und der Universität Gießen. Es war Landgraf Ludwig von Hessen-Darmstadt, der der gerade einmal zwei Jahre jungen Alma Mater von Gießen ein Lustgärtchen am Schlossturm überließ. Hier sollte ein „hortus medicus“, ein Heilpflanzengarten, zu Studienzwecken entstehen. Teile dieser ursprünglichen Anlage gehören immer noch zum Botanischen Garten. Leiter dieses ersten Gartens war Ludwig Jungermann, ein Professor für Medizin und Botanik. Er verfasste die ersten Verzeichnisse, die leider verschollen sind.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg kam es zunächst zur Aufgabe der Anlage. Die Universität verlegte ihren Sitz nach Marburg. Den Zustand nach der Rückkehr beschrieb der Mediziner Johannes Tackius. Er war führend an der Wiederherstellung des Heilpflanzengartens beteiligt, sorgte für Gewächshaus, Laboratorium und einen angestellten Gartenwärter.

1800 kam der Forstbotanische Garten unter Leitung von Friedrich Ludwig Walther dazu. Die ältesten Bäume stammen aus dieser Zeit. Das von Platanen umrahmte Denkmal erinnert an ihn. 1824 erscheint der erste Samenkatalog des Botanischen Gartens. Wenige Jahre später beginnt ein Austausch mit anderen botanischen Einrichtungen. Unter Herrmann Hoffmann beginnt die internationale Zusammenarbeit im Zuge der meteorologisch-phänologischen Forschung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dabei ging es u. a. bereits um Beobachtungen zu Klimaveränderungen. Zügig entstand im Laufe der Zeit eine Reihe von Gewächshäusern. 1908 erschien der erste Führer durch den Botanischen Garten.

Im Zweiten Weltkrieg kam es zu Zerstörungen, die jedoch größtenteils den Baumbestand nicht betrafen. Gewächshäuser wurden neu erstellt, Lehre und Forschung hatten wieder eine Stätte. Heute sind viele Pflanzenschilder bereits mit einem QR-Code versehen, und der Garten erfreut sich allgemein großer Beliebtheit.

Vom Forstbotanischen Garten bis zur Medizinalpflanzenabteilung

Forschung und Lehre sind zentral im Botanischen Garten in Gießen. Dabei beschränkt sich die Einrichtung nicht nur auf Studierende, sondern richtet sich auch gezielt an Schulen und interessierte Besucher. So befindet sich im direkt benachbarten Gebäude in der Senckenbergstraße ein Lernort für Jüngere mit Labor, Dino-Werkstatt, Bibliothek und dem Implantarium, als Grüne Schule.

Neben dem Forstbotanischen Garten mit seinen etwa 400 Baum- und Straucharten gibt es einen Evolutions-Denkpfad, der Besuchern zentrale Fragen des Lebens stellt. Der blindengerecht gestaltete Duft- und Tastgarten spricht auf neue Art die Sinne an. Die Medizinalpflanzenabteilung steht in der Nachfolge des ehemaligen „hortus medicus“. Die streng gegliederte systematische Abteilung erfasst Pflanzen wissenschaftlich. Ein räumlich eher kleiner Teil ist den geografischen und pflanzensoziologischen Abteilungen gewidmet. Zu sehen sind Pflanzen vom Sandtrocken- und Kalkmagerrasen bis zu alpinen Gewächsen. Die kulturhistorische Abteilung lädt zur Reise in die Vergangenheit ein.

Highlights mit Vergangenheit und Zukunft

Zu den visuellen Höhepunkten zählen die neu errichteten Gewächshäuser: Im historischen Vorgängerbauten nachempfundenen Palmenhaus überwintern diverse Pflanzen und es gibt verschiedene Bildungseinrichtungen. Das Ernst-Küster-Haus beherbergt Kakteen und tropische Pflanzen. Die große Victoria-Seerose kann man im Wasserbecken des Victoria-Hauses zusammen mit anderen Wasserpflanzen besichtigen. Das Adolph-Hansen-Haus stammt aus den 1980er Jahren. Hier befinden sich Anzuchtbereiche und tropische Nutzpflanzen, die im Zuge spezieller Führungen gezeigt werden. Biodiversität und das Verständnis der Mechanismen der Evolution bilden gemeinsam mit Human Life and its Resources die Schwerpunkte der Ausrichtung des Botanischen Gartens in Gießen.
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