
Die Ausgrabungsstätte Steinrinne Bilzingsleben – den Alltag der ersten Menschen erkunden
Der Geschichtsunterricht wird von Kindern und Jugendlichen oft als etwas trocken empfunden. Grund genug, den Klassenraum einmal zu verlassen und an originale Schauplätze zu fahren. Wie etwa zur Steinrinne Bilzingsleben in der Gemeinde Kindelbrück in Thüringen. Immerhin wurde das gesamte Gebiet einst vom Homo erectus besiedelt. Die im Laufe der Jahrhunderte im Boden freigelegten Funde erzählen viel Interessantes über sein Leben – und räumen dabei mit manchem Klischee auf.Zufällige Funde im Steinbruch
In Bilzingsleben wird seit Jahrhunderten unterschiedliches Gestein gefördert. Immer wieder kam es dabei zu Funden, die auf eine Besiedlung durch frühe Vorfahren des heutigen Menschen gedeutet haben. Es sollte jedoch bis ins Jahr 1969 dauern, ehe im hiesigen Steinbruch erste archäologische Grabungen stattfanden. Neben urzeitlichen Fossilien wurden dabei in den untersuchten Travertinschichten – einer Ausscheidung von Kalksteinen – zahlreiche menschliche und tierische Knochen, tausende bearbeitete Feuersteine sowie aus Elfenbein hergestellte Werkzeuge gefunden. Entdeckungen, die sich auf eine Zeit von vor 370.000 Jahren datieren lassen und die dem Homo erectus zugewiesen werden.Ort und Zeitpunkt der Besiedlung haben jenen frühzeitlichen Menschen zum Namen Homo erectus bilzingslebenensis verholfen. Er gehört damit zu den ersten nachgewiesenen Vorfahren, die den aufrechten Gang beherrschten, die zum Bearbeiten von festen Materialien fähig waren, die erste Versuche einer Entwicklung in den Bereichen Kunst und Kultur erkennen ließen – und die in der Lage waren, ihre Werkzeuge nicht nur dem Nutzen entsprechend herzustellen, sondern sie zudem mit hübschen Mustern zu verzieren. Der Homo erectus bilzingslebenensis war für seine Zeit somit fortschrittlich und entspricht gewiss nicht dem klassischen Klischee des Steinzeitmenschen.
Damals, als unsere Welt noch anders aussah
Der Homo erectus lebte in einer Epoche, in der sich das Klima ein wenig wärmer und trockener als heute präsentierte. Dabei genügten schon geringe Temperaturunterschiede, um etwa Grönland gänzlich vom Eis zu befreien. In Thüringen und dem gesamten Mitteleuropa herrschten dagegen Bedingungen, die sich mittlerweile fast nur noch in Afrika finden lassen: Das Land war von weiten Steppen überzogen, die einen nur spärlichen Bewuchs aufwiesen. Zum Schutz gegen die Sonneneinstrahlung besaßen die damals lebenden Menschen eine dunkle Hautfärbung.Neben vielen anderen Tierarten waren es Elefanten und Nashörner sowie Löwen und Hyänen, die das trockene Land bewohnten – und die damit vom Homo erectus bilzingslebenensis gejagt wurden. Die in der Steinrinne Bilzingsleben gefundenen Knochen deuten auf jene Spezies, denen unsere Vorfahren mit langen und optimal ausbalancierten Speeren nachstellten, um sie meist in Fallen zu locken und sie dort zu töten. Ein gefährliches Unterfangen, das alle Fähigkeiten und Eigenschaften der damals lebenden Menschen erforderte. Dass der Homo erectus zum eigenständigen Denken und zum Lernen fähig war, zeigte er nicht zuletzt in solchen Momenten.
Das vorzeitliche Leben besser verstehen
Die Steinrinne Bilzingsleben hat sich über die letzten Jahre zu einem zusammenhängenden Museumskomplex entwickelt. Viele der Ausgrabungsstätten wurden seither überdacht. Hier können sich die Besucher die – teils in der Erde, teils in Vitrinen liegenden – Fundstücke ansehen und wertvolle Informationen zu ihnen erhalten. Sinnvoll ist es dabei, eine geführte Tour in Anspruch zu nehmen, in deren Rahmen das Leben und Arbeiten unserer frühen Vorfahren verständlich vermittelt wird. Denn wie beschwerlich der damalige Alltag gewesen sein muss, ist für uns heute kaum nachvollziehbar.Die Ausgrabungsstätte verfügt daneben über zahlreiche interaktive Möglichkeiten, sich dem Thema auf spielerische Weise zu nähern. Auf dem Smartphone und dem Tablet können Knochenstücke zu einem Skelett zusammengesetzt und Werkzeuge nach ihrer Bestimmung sortiert werden. Über Video- und Audioaufnahmen wird den Besuchern das Eintauchen in jene frühe Epoche der Menschwerdung erlaubt. Vor allem Kinder und Jugendliche erhalten damit die Gelegenheit, viel Interessantes über das Leben vor 370.000 Jahren zu erlernen – und sich die Inhalte selbst zu erschließen, statt sie trocken im Geschichtsunterricht präsentiert zu bekommen. Community: 0 Bewertungen
Bewerten Sie diesen Ort.
Spengler-Haus in Sangerhausen (Geschichte - Urzeit)
Sagnlandet Lejre – Land der Legenden (Geschichte - Urzeit)
Møns Museum in Stege in Dänemark (Geschichte - Urzeit)
Køge Museum (Geschichte - Urzeit)
Maritimes und historisches Museum der kroatischen Küste Rijeka (Geschichte - Urzeit)
Centrum Babylon Liberec (Bio Mensch)
JGL Muzej Farmacije in Rijeka (Bio Mensch)
Archäologisches Museum Swifterkamp (Geschichte - Urzeit)
Slawenburg Raddusch in Vetschau (Geschichte - Urzeit)