Lutherkirche in Soltau

Die „Lutherkirche in Soltau“ ist die zweite Kirche im niedersächsischen Soltau. Nachdem 1906 die St.-Johannis-Kirche abgebrannt war, entschied sich der Kirchenvorstand, diese wiederaufzubauen. Zusätzlich sollte eine zweite Kirche in der stetig wachsenden Stadt gebaut werden. Am 20. Juli 1910 wurde der Grundstein für die neue Kirche gelegt. 1911 und nach nur 17 Monaten Bauzeit wurde der Bau fertiggestellt. Die Kirche wurde dann am dritten Advent desselben Jahres offiziell eingeweiht. Sie ist der letzte Sakralbau des bekannten Architekten Eduard Wendebourg (*1857 - †1940). Dieser baute im Laufe seines Lebens neben Wohngebäuden auch zahlreiche Schulen und Kirchen im Norden Deutschlands.

Ein Ort im Aufschwung

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts siedelte sich immer mehr Industrie in und um der Stadt an. Zudem markierte der Ort einen wichtigen Knotenpunkt der damaligen Eisenbahnlinien. Die sogenannte „Amerikalinie“ kreuzte sich in Soltau. Diese westöstliche Eisenbahnlinie führte durch die Altmark, die Lüneburger Heide und verband die deutschen Seehäfen mit Berlin, Mitteldeutschland und dem damaligen Schlesien. Die kreuzenden Verbindungen führten von Hamburg über München bis in die Alpenländer. Die Bahnverbindungen sowie die wachsende Industrie machten Soltau zu einem bedeutenden Wirtschaftsstandort. In der Stadt selbst gab es eine für damalige Verhältnisse große Poststation. In dieser befand sich zusätzlich ein Hotel, in welchem Geschäftsleute und Bahnreisende übernachten konnten.

Viele der damaligen Anwohner waren begeistert vom neuen städtischen Image, was sich auch an ihren Baumaßnahmen zeigte. Fachwerkhäuser waren damals die Norm. Doch gut betuchte Bürger verliehen ihren Häusern durch individuelle Holzverschalungen eine urban anmutende Optik. Die Stadt erlebte einen weiteren Zuwanderungsschub, als eine Offizier-Reitschule sich in Soltau ansiedelte. Der stetige Ausbau und das Wachstum waren ausschlaggebende Punkte dafür, dass die Stadt mit der Lutherkirche ein zweites Gotteshaus bekam.

Eduard Wendebourg: Architekt des Historismus

Wendebourg selbst entstammte einer Pfarrersfamilie und studierte von 1875 bis 1879 Architektur an der Technischen Hochschule in Hannover. Dort lernte er bei Conrad Wilhelm Hase, einem der bedeutendsten deutschen Architekten der Neugotik. Wendebourg arbeitete an zahlreichen Bauprojekten, wobei er sich überwiegend auf Schulen und Kirchen spezialisierte. Sein Stil war geprägt vom neugotischen Baustil Hases, den er im Laufe seiner Schaffenszeit jedoch individuell erweiterte. Der Jugendstil, der Expressionismus, exotische, nordische und normannische Einflüsse kombinierte er mit neugotischen Elementen. Die Lutherkirche in Soltau gehört zu den letzten großen Kirchenbauten, welche die hannoversche Kirche vor den Weltkriegen von ihm bauen ließ. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete Wendebourg als Bauprüfer für die landeskirchliche Baubehörde in Hannover.

Kirchenschiff & Restaurierungen

Die Lutherkirche mutet beim ersten Blick stark neugotisch an. Im Inneren verzichtet Wendebourg jedoch auf die klassische Aufteilung. Der Kirchenraum ist komplett quadratisch und es gibt keine Vierung. Für den Architekten vertrug die evangelische-lutherische Kirche keine Unterteilung und keinen Abstand zwischen Priestern und Besuchern. Dennoch richtet sich der Raum eindeutig zum Altar und zur Kanzel aus. Wer sich umsah, entdeckte farbige Balken und detailreiche Holzbauteile. Der Verzicht auf eine besondere Vielfalt an Gestaltungselementen ist jedoch typisch evangelisch. Symbole wie Kordel, Blume, Quadrat, Lindenblatt und Welle wiederholen sich stetig und steigern so die Konzentration auf den Inhalt der Messe.

In den nachfolgenden Jahrzehnten wurden viele der Farben übertüncht und damit optisch nivelliert. Auch die Glocken sowie die Orgel wurden im Laufe der Zeit ausgetauscht und restauriert. Seit den 1980er Jahren wird daran gearbeitet, die Lutherkirche wieder in ihrem alten Glanz erstrahlen zu lassen. So wurden die ursprünglichen Umrandungen von Türen und Fenstern freigelegt und Teile der Bankwangen sowie eine einzelne Stütze wurden erneut koloriert. Sie sollen zeigen, „was die Lutherkirche als Kunstwerk und als Ort des Gebets so wertvoll macht“.

Die Kirche ist heute offen zugängig und kann von Schulklassen und Interessierten besucht werden. Community: 0 Bewertungen
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