Museum de Proefkolonie Frederiksoord – das Leben in einer Armenkolonie entdecken
Der ehemalige deutsche Bundespräsident Gustav Heinemann sagte einst, man würde den Wert einer Gesellschaft daran erkennen, wie sie mit den Schwächsten in ihren Reihen umgeht. Eine Frage, die in den Niederlanden vor mehr als 200 Jahren bereits aktuell war – und die seinerzeit Monat für Monat an Brisanz gewann. Aus der aber ebenso die Proefkolonie Frederiksoord entstanden ist. Eine Kolonie in der Provinz Drenthe, die mittlerweile um ein Museum erweitert wurde und die heute für Besucher geöffnet ist.Ein Fortschritt, der Probleme auslöste
In den Niederlanden setzte das Zeitalter der Industrialisierung – wie in vielen anderen europäischen Nationen – in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein. Doch was eine Erleichterung für die Angestellten sein sollte, führte in vielen Orten zur Massenarbeitslosigkeit: Wo Menschen von Maschinen ersetzt wurden, da stieg die Zahl der Tagelöhner, der Armen, der Obdachlosen und der Waisen. Ein Problem, das vor allem in den niederländischen Großstädten um sich griff und das einer Lösung bedurfte. Doch wie sollte Bürgern geholfen werden, die sich die Mieten nicht mehr leisten konnten?Zur Anwendung kam der Vorschlag des Generalleutnants Johannes van den Bosch: Er ließ ab dem Jahr 1818 zwei Testkolonien – die sogenannten Proefkolonien – im Dorf Frederiksoord in der Provinz Drenthe errichten. Straßen, Häuser und Felder wurden armen Menschen zur Verfügung gestellt. Das Ziel lag darin, dass sich die Bewohner früher oder später selbst versorgen konnten. Denn zu jedem Wohngebäude gehörte ein kleines Stück Land, das bearbeitet werden durfte. Ställe, in denen Tiere untergebracht waren, ließen sich gemeinschaftlich nutzen. Die Betroffenen sollten hier also Arbeit und ein Auskommen finden.
Der schöne Schein trügt
Was durchaus idyllisch klingt, war für viele Siedler der Proefkolonie allerdings ein reines Martyrium. Denn sie lebten unter strenger Aufsicht, ihr Tagesplan war fast auf die Minute genau geregelt, bei Fehlverhalten wurde zu drakonischen Strafen gegriffen. Das Ziel, den Menschen zu helfen, ihnen Bildung und somit eine Perspektive im Leben zu bieten, wurde durch die Wärter der Kolonie über den Weg härtester Disziplin anvisiert. Wer auch nur im geringsten Maße von den Regeln abwich, büßte mit Körper- und Haftstrafen.Die Proefkolonie Frederiksoord steht heute Besuchern offen. Sie können in den zum Museum umgebauten Gebäuden mehr über das Schicksal der Bewohner erfahren, die ab dem Einzug mit einer blauen Uniform ausgestattet wurden – damit sie sich bei möglichen Fluchtversuchen von der übrigen Bevölkerung unterschieden und somit schneller aufzufinden waren. Auch das Tragen schwerer Holzschuhe diente dem Zweck, ein Weglaufen zumindest zu erschweren. Demgegenüber bot Frederiksoord eine Kirche und somit die Ausübung des Glaubens. Es wurde eine Schule als Bildungsstätte errichtet. In den ab den Anfangsjahren gegründeten Betrieben und Höfen gab es Arbeits- sowie Ausbildungsplätze.
Einmalige Zeugnisse geben Auskunft
Betreten werden können die früheren Wärterhäuser, die Ställe und die Wohngebäude der Siedler. Hier lässt sich hautnah erleben, wie die Bewohner damals ein Dasein fristeten, das auf den beiden Grundpfeilern Arbeit und Disziplin beruhte – und das keinerlei Komfort kannte. In den originalgetreu eingerichteten Stuben sind bei karger Ernährung und schwachem Licht aber auch Kunstwerke entstanden, zu denen etwa Gemälde und Skulpturen gehören. Philosophische Gedanken wurden zu Papier gebracht. Der Fortschritt der Siedler der Proefkolonie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm hier Formen an.Wie in Frederiksoord gelebt und gearbeitet wurde, können Gäste an zahlreichen Exponaten nachverfolgen. Ausgestellt sind Fotos und persönliche Habseligkeiten der Bewohner. Alltagsgegenstände künden von ihrem beschwerlichen Leben. Eine Nachbildung der Schule kann besichtigt werden, die hier stehenden Holzbänke stammen tatsächlich aus den 1820er Jahren. Dokumente belegen zudem, dass in der Kolonie eine Krankenkasse gegründet wurde, die zur Absicherung der Siedler diente. Im nahen Umfeld wurde sogar ein Erholungsheim gebaut. Ein Besuch, der sich lohnt und der eine Möglichkeit aufzeigt, wie verarmten Menschen während der aufkommenden Industrialisierung geholfen wurde. Community: 0 Bewertungen
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